Kirche in Pfullendorf:

Liebe Gemeinde,
Anfang Juli war ich, nach einigen Anläufen, zusammen mit fünf anderen Männern im Karwendelgebiet bei Innsbruck auf Bergexerzitien. Ich habe länger nach der richtigen Form der Auseinandersetzung mit Gott gesucht. Und zu Beginn unserer gemeinsamen Zeit war ich gar nicht begeistert, eher skeptisch: Schaffe ich die weiten Tagesetappen? Bin ich bereit, bei wirklich jedem Wetter zu laufen? Und folge ich hier nicht bloß einer Modeerscheinung?
Die Erfahrungen, die ich dann aber beim Wandern gemacht habe, haben alle Zweifel und skeptischen Fragen weggewischt – trotz aller Anstrengungen. Die Erfahrungen waren vielfältig: Großartige Landschaften und Menschen, schwierige Tagesetappen, schlimmer Muskelkater und immer wieder: erneutes Aufbrechen am folgenden Morgen. Heute kann ich sagen: Es hat sich gelohnt. Die Wege am Berg sind mehr als Wanderwege. Sie sind Pilgerwege.
Auf Pilgerwegen und besonders auf dem Weg des Heiligen St. Jakobus grüßt man sich und wünscht sich einen guten Weg. Auf unseren Wegen durch das Hochgebirge sind uns ganz unterschiedliche Menschen begegnet, Alte und Junge, Gruppen, Einzelwanderer, Gläubige und Skeptiker. Alle sind unterwegs auf unterschiedlichen Wegen und zu einem Ziel.
Während des Unterwegsseins im Hochgebirge, wurde mir immer deutlicher: dieser Weg ist mehr als eine lange Wanderung, er ist ein Bild des Lebens. Menschen aus verschiedensten Richtungen, aus unterschiedlichen Nationen sind unterwegs. Und dieses Unterwegssein hat für sie alle ein Ziel. Damit ist nicht der Weg das Ziel, wie ich oft lese und höre, sondern der Weg führt zum Ziel. Denn: Nach der Wanderung, dem Pilgern, nach dem Weg kommt noch etwas. Nämlich: Die Ankunft am Ziel.
Das war bei meinem Pilgern nicht der große Platz vor der Kathedrale in Santiago de Compostela mit lautem Trubel und unzähligen Pilgerströmen. Ich war ja bewusst ins Gebirge gegangen. Nein für mich persönlich war das Ziel abseits der großen Menschen-ansammlungen. Ich bin in eine kleine Kapelle gegangen und habe mich mit Gott unterhalten. Und ja, ich habe auch an das Grab des Heiligen Jakobus in Santiago de Compostela gedacht. Ruhe und Ehrfurcht waren zu spüren. Da wusste ich: Hier ist der richtige Ort. Erst hier bin ich am Ziel.
Genau das wünsche ich mir auch für mein gesamtes Leben: Am Ende meines Lebensweges möchte ich ein Ziel erreichen, von dem ich sagen kann: Hier ist es gut. Hier ist das Ziel. Für mich als Christ ist dieses Ziel Gott. Ich vertraue darauf, dass mein Weg zu einem guten Ziel führen wird. Dieses Ziel beeinflusst meinen Lebensweg schon hier und jetzt, im lebenslangen Gehen. Der Jesuit Karl Rahner, ein großer Theologe des 20. Jahrhunderts, drückt es so aus: Wir gehen, wir müssen suchen. Aber das Letzte und Eigentliche kommt uns entgegen, sucht uns, freilich nur, wenn wir gehen, wenn wir entgegengehen. Und daher möchte ich in Bewegung bleiben auf meinem Lebensweg und dabei das Ziel im Blick behalten.
Ich wünsche Ihnen für die kommenden Sommertage viele Möglichkeiten zur Bewegung!
Ihr Pastoralreferent Johannes Schramm

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